So ist das Medizinstudium in der Slowakei wirklich! đšđ»ââïž
Dieser Blogbeitrag befasst sich mit dem Thema: Medizin studieren in der Slowakei. Er ist ein persönlicher Erfahrungsbericht unseres GrĂŒnders Marvin Flemming (Studium 2016-2022).
Als ich vor wenigen Jahren meinen Freunden zu Beginn des Studiums mitteilte, dass ich nun in Bratislava anfange meinen Traum zu verwirklichen, blickte ich nur in fragende Gesichter: âWo ist denn bitte Bratislava?â oder âWas willst du denn dort?â. Viele solcher und weitere Fragen muss ich mir bis heute immer noch anhören. Dabei ist Bratislava nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die gröĂte Stadt der Slowakei.
Rund 437.000 Einwohner zĂ€hlt meine liebste Studentenstadt, die sich vor allem wĂ€hrend der Semester gröĂtenteils aus Studierenden zusammensetzt. Wo am Tag fleiĂig gelernt und studiert wird, findet man am Abend besonders im Sommer viele Studierende in der zauberhaften Altstadt. Sie lĂ€dt zum leckeren Bryndzove HaluĆĄky-Essen (Nationalgericht: Kartoffennocken mit slowakischem SchafskĂ€se) und fĂŒr ganz starke Studierende zum Trinken vom bekannten Tatratea (Likör auf der Basis von Tee aus dem Gebirge Hohe Tatra) ein. Wenn die warme Sonne mal wieder unter den weiĂen Wolken hervorschaut, sammeln sich schnell viele Studierende am Donauufer zum gemeinsamen Picknick oder auch zum Lernen.
Die UniversitÀt
Ca. zehn Minuten auĂerhalb des Altstadtkerns, befindet sich die âmedizinische FakultĂ€tâ der Comenius UniversitĂ€t Bratislava. Sie ist mit ihren rund 20.000 Studierenden die Ă€lteste und gröĂte UniversitĂ€t der gesamten Slowakei. Sie setzt sich aus 13 FakultĂ€ten zusammen, welche sich ĂŒber die gesamte Stadt verteilen. Es gibt einen slowakischen und einen âforeignâ Jahrgang. Bei diesem findet der Frontalunterricht auf Englisch und der Patientenkontakt unter Aufsicht auf Slowakisch statt. Da kommt es einem manchmal sehr gelegen, dass Bratislava nicht allzu weit von Deutschland entfernt ist. Dadurch sprechen die Ă€lteren Menschen oft Deutsch und die JĂŒngeren haben gute Englischkenntnisse. Bei den auslĂ€ndischen Zahnmedizinstudierenden beginnen pro Jahr ungefĂ€hr 30 bis 40 Leute. Zum Ende hin sind es dann nur noch ca. 10 bis 20. Das liegt zum einen natĂŒrlich am FleiĂ des Einzelnen und zum Anderen am Wunsch vieler, zurĂŒck ins Heimatland zu wechseln.
Das Studium
Die Vorklinik durchlebt der/die Zahnmedizinstudierende in Bratislava direkt in der Uni und zweimal wöchentlich in der ca. zehn Minuten entfernten Zahnklinik. Hier werden, Ă€hnlich wie in Deutschland, Grundkenntnisse vermittelt, aber es wird auch schon frĂŒh begonnen am Phantomkopf zu arbeiten. FĂŒllungen, Extraktionen und Co. gehören in den ersten zwei Jahren Ausbildung dazu. Einen wirklichen Unterschied zu Deutschland stellt auch der tiefere Einblick in die Allgemeinmedizin dar.
Ab dem dritten Jahr geht es fĂŒr die Zahnmedizinstudierenden in alle Bereiche der Klinik. GeprĂŒft wird Ă€hnlich umfangreich wie bei den Allgemeinmedizinern. Vom fĂŒnften Semester an befindet man sich immer weniger in der Uni, sondern mehr und mehr in allen Kliniken Bratislavaâs. FĂŒr die Psychologie- und Psychiatrie-Kurse geht es ans andere Ende der Stadt. DafĂŒr sind die Einblicke weitgefĂ€chert und prĂ€gend.
Ein Physikum gibt es an der Comenius UniversitĂ€t Bratislava nicht. DafĂŒr findet im Gegensatz zu den meisten Unis in Deutschland, die sogenannte â2er- bis 3er-PrĂŒfungâ statt. Diese setzt sich aus schriftlichen, mĂŒndlichen und auch praktischen PrĂŒfungen zusammen. Bei jeder von ihnen muss die Mindestgrenze von 70 bis 80 % erreicht werden, damit das Fach als bestanden gilt. Nach vollstĂ€ndiger Erledigung aller in Deutschland notwendigen FĂ€cher fĂŒr das Physikum, kann man es sich in Deutschland komplett anrechnen lassen. Auch wenn du Medizin in der Slowakei studieren willst, Ă€hnelt das Studium den Zahnmedizinstudium. Auch hier gibt es die Aufteilung zwischen Vorklinik und Klinik.
Fazit
Das Auslandsstudium bringt fĂŒr einen âNC-FlĂŒchtlingâ (NC = Numerus clausus) wie mich die unterschiedlichsten EindrĂŒcke mit sich. Aufgrund der groĂen Distanz von rund 800 km zu meiner Heimatstadt ist es nicht möglich, jedes Wochenende bei der Familie zu sein. So wurde ich schnell ins selbststĂ€ndige Leben und Handeln hineingeworfen und fĂŒrs Leben geprĂ€gt. AuĂerdem habe ich neue BrĂ€uche, leckeres Essen und groĂartige Kontakte aus aller Welt kennengelernt. In meinem Jahr befinden sich Studierende aus Ăsterreich, Polen, Tschechien und dem Iran â eine kunterbunte Mischung an Kulturen. Zum SpaĂ lernen wir die Sprachen der Anderen ein wenig kennen und staunen das ein oder andere Mal nicht schlecht, welche verrĂŒckten Food-Kreationen es doch gibt.
NatĂŒrlich haben wir Zahnis viel zu tun. Doch die Uni lĂ€sst uns bei gutem Zeitmanagement auch genĂŒgend Zeit zum Durchatmen und Abschalten. Die Hauptsache ist doch, dass Medizin in der Slowakei zu studieren möglich ist. GrĂŒnde, sich zu beschweren, gibt es wie an jeder Uni auch hier, aber alles in allem hat niemand aus meinem Semester den Schritt ins Ausland bereut. Wir sind mittlerweile wirklich eine kleine Familie, die sich gegenseitig unterstĂŒtzt und fĂŒreinander da ist. Falls ihr jemanden kennt, der ebenfalls auf einen Studienplatz in Deutschland warten muss, solltet ihr ihm oder ihr auf jeden Fall den Schritt ins Ausland nahelegen. In diesem Sinne möchte ich mich mit einem freundschaftlichen slowakischen âAhoj!â bei euch verabschieden!